Financial
Times Deutschland, 3. Juli 2001, Seite 19
Dresdner
Bank startet Handel mit Wetterderivaten
GGEW
sichert sich gegen kalten Winter ab
Von
Wolfram Trost, Frankfurt
Als
erste deutsche Bank startete die Dresdner Bank den Handel
mit Wetterderivaten. Zusammen mit dem Gruppen-Gas- und Elektrizitätswerk
Bergstraße AG in Bensheim (GGEW) entwickelten die Experten
der Investmentbanktochter Dresdner Kleinwort Wasserstein
eine Option, die den Stromversorger
gegen einen kalten Winter absichert.
Die
Temperatur-Option läuft vom 1. Januar bis 28. Februar 2002.
Für jeden Tag, an dem die durchschnittliche Tagestemperatur
in Frankfurt unter minus fünf Grad Celsius fällt, erhält
die GGEW von der Dresdner Bank eine Ausgleichszahlung, die
am Ende der Laufzeit ausbezahlt wird.
Damit
senkt die GGEW ihre Strombeschaffungskosten, die bei fallenden
Temperaturen und starken Strompreisschwankungen steigen
würden. "Aktuell weisen die Strompreise höhere Schwankungen
auf als in den Sommermonaten der vergangenen Jahre",
sagte Edwin Buer von der GGEW. Daher
bestehe die Gefahr, dass auch in den kommenden Wintermonaten
die Volatilität höher als üblich sein werde, fügte er hinzu.
Bei
extrem niedrigen Temperaturen müssen viele Stromversorger
zusätzlich Strom am Markt kaufen, um den höheren Bedarf
decken zu können. Gleichzeitig nehmen aber auch die Preisschwankungen
zu - und damit das Risiko höherer Beschaffungskosten. Das
Interesse nach Absicherung hat daher
in jüngster Zeit deutlich zugenommen.
In
den USA sind Wetterderivate bereits seit knapp vier Jahren
ein lukratives Geschäft. Seit September 1999 werden sie
sogar an der Chicago Mercantile Exchange gehandelt. In Europa
gibt es Wetterderivate erst seit Herbst 1998. Vorreiter
sind Frankreich und Skandinavien. In Deutschland verkaufte
im vergangenen Jahr erstmals die Société Générale eine Niederschlags-Option
an den Betreiber des Münchener Oktoberfestes.
"Noch
vor zwei Jahren war kaum ein Finanzinstitut bereit, Preise
für Wetter-Optionen zu stellen", sagte Hans Esser von
FinanzTrainer.com. Zwar sei Deutschland noch Entwicklungsland
auf dem Gebiet, aber um das Thema Risikomanagement werde
in Zukunft kein Unternehmen mehr herumkommen, so Esser.
Ähnlich
argumentieren Hans Jürgen Tillemans und Uwe Wütherich aus
dem Derivate-Handel von Dresdner Kleinwort Wasserstein,
die von einem starken Zuwachs ausgehen. Nach Schätzungen
der Deutschen Börse unterliegen in Westeuropa fünf Prozent
der Wirtschaftsleistung Wettereinflüssen. Daraus ergebe
sich ein potenzieller Markt von mehr als 300 Mrd. Euro.
Im Sommer 2000 betrug nach Angaben der Börse das Handelsvolumen
erst etwa 80 Mio. Euro.
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