Nach
Schweinebäuchen-, Strom- und Devisenderivaten - USA kreieren
neuen Trend: Wetten aufs Wetter
Das
Flagschiff der britischen Kneipenkette Massive Limited heißt
"White Swan". Es liegt im feinen Londoner Viertel
Twickenham, nur durch eine Rasenfläche von der Themse getrennt.
Bei britischem Nieselregen haben bestenfalls 50 Leute in
der Kneipe Platz. Strahlt jedoch die Sonne, dann fließt
das Ale in Strömen. Über 400 Leute drängen sich dann im
Außenbereich zwischen Kneipe und Themseufer.
Rolf
Bannehr aus dem niedersächsischen Dahlenburg führt ein kleines
Elektrizitätswerk. Auch er macht gute Geschäfte, wenn die
Sonne kräftig scheint. Dann müssen die Bauern nämlich ihre
Felder bewässern. Dafür benötigen sie seinen Strom. Doch
wenn es regnet, brauchen die Landwirte ihre Pumpen nicht
anzuwerfen. Bannehrs Kasse bleibt leer.
Bisher
- jetzt nicht mehr. Bannehr hat sich nämlich bei der US-Firma
Element Re gegen zuviel Regen versichert. Ab einer bestimmten
Niederschlagsmenge zahlt die Versicherung den Großteil der
Umsatzeinbußen, die der Regen fortspült. Ähnlich geht es
Massive Limited. Sollte in diesem Sommer Kälte und Regen
vorherrschen, dann zahlt ihr Vertragspartner, die französische
Bank Société Générale, bis zu 40.000 Pfund. Ist es dagegen
warm, dann verliert Massive Limited ihren Einsatz, kann
sich jedoch über das gute Kneipengeschäft freuen.
Sogenannte
Wetterderivate kommen aus den USA. Erstmals gehandelt wurden
sie im September 1997. Ziel dieser ersten Wetterwetten war
es, die durch Wetterschwankungen ausgelösten Veränderungen
der Stromnachfrage für die Stromerzeuger finanziell auszugleichen.
Größte Nachfrager auf dem Markt der Wetterwetten sind mittlerweile
Investmentbanken, Rückversicherer und Stromerzeuger, aber
auch Landwirtschaftsunternehmen und die Bau-, Freizeit-,
Lebensmittel- und Getränkeindustrie sowie die Textilwirtschaft.
Inzwischen sollen bereits weltweit rund 5000 Wetterkontrakte
über rund acht Mrd. US-Dollar abgeschlossen worden sein.
Der
Trend schwappt jetzt auch nach Europa. Ab August will die
Londoner Terminbörse Liffe mit Wetterderivaten handeln.
Die deutsch-schweizer Terminbörse Eurex plant ähnliche Aktivitäten.
Einer der Fachleute für Wetter-Risiko-Management und Wetter-Derivat-Handel
sitzt übrigens in Nordrhein-Westfalen. Das ist Hans Esser,
Inhaber der Grevenbroicher Beratungsfirma "FinanzTrainer.com".
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